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LEBENSGEFAHR IN ÄTHIOPIEN – GERETTET (5/5)


Schon den zweiten Tag wartete ich auf dem verlassenen Flugplatz auf Hilfe. Gegen Mittag hörte ich plötzlich ein fernes Motorengeräusch. Ich kletterte schnell auf den Helikopter und erkannte ein weisses Landroverdach, das auf der Zufahrtsstrasse nahte. Das musste meine Rettung sein!


Tatsächlich war es mein Bekannter von Kelafo mit Verpflegung und zwei äthiopischen Mitarbeitern, die so lange bei mir bleiben sollten, bis der Treibstoff von Addis Abeba in ein bis zwei Tagen eingeflogen würde. Endlich konnte ich meinen Durst stillen. Ich genoss auch eine warme Suppe wie ein Geschenk des Himmels.


Georg hatte an jenem Abend die Station in Kelafo heil, aber total erschöpft erreicht. Die drei Somalis hatten ihm keine Schwierigkeiten bereitet. Mein Bekannter erklärte, wenn Äthiopier bei mir seien, wage sich keiner, mir etwas anzutun, denn Raubüberfälle auf Weisse würden mit dem Tod bestraft. Die beiden neuen Begleiter waren feine, junge Männer. Ich genoss ihre Freundschaft. Wir sammelten einen grossen Haufen dürres Holz und warfen grüne Zweige darauf. Mit einem freudigen Rauchzeichen wollten wir dem Rettungsflugzeug unsere Position melden.


Ich verbrachte die Zeit mit Briefeschreiben, in erster Linie an meine Frau. Die Geschichte füllte fünf Aerogramme. Auf dem vierten las sie einige Zeit später zu Hause in Trogen von den Gewehren, die auf mich gerichtet worden waren. Das fünfte Aerogramm kam erst einen Tag später an. Vierundzwanzig Stunden lang wartete sie also in Ungewissheit über mein Schicksal. Immer wieder musste sie lernen, mit dieser Spannung zu leben. Solche Berichte waren für sie stets eine Bestätigung, dass ich in Gottes Händen war. Wie sie ihre schwere Aufgabe neben einem so gefährlich lebenden Mann meisterte, beschrieb sie in ihrer Biografie «Die Speerträgerin».


Die defekte Plexiglasscheibe konnte ich mit Klebeband behelfsmässig reparieren, doch den hundertfünfzig Studenten konnte ich leider nicht mehr helfen. Sie waren in der Zwischenzeit mit Booten evakuiert worden. Hingegen versorgte ich bald darauf siebzehn durch die Überschwemmung isolierte Dörfer mit einer Mischung aus Weizen-, Soja- und Milchpulver und rettete damit viele Menschen vor dem Hungertod, vor allem Kinder. Wie musste es den Räubern zumute gewesen sein, als sie sahen, wie derselbe Pilot, den sie berauben und eventuell umbringen wollten, ihnen und ihren Leuten die lebensrettende Hilfe brachte?




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