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Schon die allererste Patientin – mit Downsyndrom – eroberte im Nu ihr Herz



Nicole arbeitet als Zahnärztin/Oralchirurgin in der Ostschweiz. Für knapp zwei Wochen tauschte sie nun ihre Praxis, um unter einfachsten Verhältnissen in Madagaskar zu arbeiten. Wie es dazu kam und was sie zu solchen Einsätzen antreibt, das erzählte sie Rolf Frey von IDEA-SCHWEIZ.


Die Geschichte der Auslandeinsätze der Zahnärztin begann vor knapp 30 Jahren im südafrikanischen Johannesburg mit einem medizinischen Praktikum und 2003 mit einem zweiwöchigen Hilfseinsatz in Ruanda. Es kamen viele Gefängniseinsätze in Afrika und Südamerika dazu.


Auf nach Madagaskar - Als Nicoles Ehemann Markus als Religionslehrer mit Schülern die „Helimission“ in Trogen besuchte und ihre Einsätze erwähnte, gipfelte dies in einem Einsatz auf Madagaskar bei Nicks Familie. Er ist einer der fünf Helikopterpiloten der Helimission in Madagaskar, dem Land östlich des afrikanischen Kontinents mit dem weltweit fünftniedrigsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und rund 30 Millionen Einwohnern.

Innerhalb von zwei Wochen organisierte Nicole die zahnmedizinische Ausrüstung, Flug und Visum. Unterdessen stellte Nicks Ehefrau Katja vor Ort ein Behandlungsprogramm zusammen, fand geeignete Räume und besorgte weiteres Material sowie Medikamente. Mit 46 kg Gepäck stieg Nicole in den Flieger, die Flugkosten trug sie dabei selbst. Als Gast bei der Helimissionsfamilie in der Hauptstadt Antananarivo war Nicole beeindruckt.


Die Umstände - Bei früheren Gefängniseinsätzen standen meist zwei Holzstühle und ein Tisch für Material zur Verfügung. Wenn möglich arbeitete Nicole im Gefängnishof an der frischen Luft und bei gutem Licht, aber meist in praller Sonne und schweissgebadet. Und die Zahnentfernung könne dauern, bis so ein satt im Knochen sitzender Zahn mit langen, gekrümmten Wurzeln in Handarbeit mit Hebel und Zange herausgeknobelt sei. Statt einer Absaugung kamen Tupfer zum Einsatz und der Patient spuckte immer mal wieder in einen Becher oder Eimer.

In Antananarivo hingegen stiess sie auf gute Räumlichkeiten einschliesslich Inventar und Generator. Als Wartebereich diente eine grosszügige Sitzgruppe unter dem Vordach des Hauses, wo die Patienten auch nach der Behandlung noch gerne verweilten. Zudem stellte ihr die NGO junge Lehrerinnen zum Übersetzen sowie Helferinnen zur Verfügung. Neben der Gründerin der NGO assistierten ihr auch die Pilotenfrauen Katja und Magali, die sich unter anderem um Menschen kümmern, die auf einer Müllhalde leben.


Die Patienten - Behandelt wurden Patienten, die sich keine zahnärztliche Behandlung leisten können, wie zum Beispiel Menschen von der Müllhalde. „Die Zahngesundheit ist besorgniserregend. Mehrfach hatte ich Kinder zwischen neun und zwölf Jahren, denen ich bereits die aufgrund von Karies zerstörten, wichtigen Backenzähne entfernen musste. Das hat mich sehr traurig gemacht“, berichtet Nicole.

 

Von den insgesamt 166 behandelten Patienten im Alter von 3 bis 60 Jahren, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche, machten Zahnentfernungen (241) den überwiegenden Anteil der Behandlungen aus. Trotz der rudimentären Bedingungen war es mittels Mikromotor möglich, den häufig jungen Menschen Backenzähne mit einer Füllung zu erhalten oder Frontzähne wieder aufzubauen und so ein strahlendes Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern. Meist ging es um Notfallversorgung, das Lindern von Schmerzen und Heilen von Entzündungen.


Die Motivation - Bereits die allererste Patientin – mit Downsyndrom – eroberte im Nu ihr Herz. Einer der Patienten kam am letzten Behandlungstag nochmals vorbei, um sich erneut zu bedanken. Solche Erlebnisse freuen sie enorm. „Menschen begegnen, Hoffnung schenken, in eine andere Kultur eintauchen, die Komfortzone verlassen, unvergessliche Gemeinschaft erleben, neue Visionen erhalten und den Glauben in Taten umsetzen“, beschreibt Nicole als Antreiber. Sich in die Hand Gottes geben, sein Werkzeug sein, oder wie es Franz von Assisi beschreibt: „Herr mache mich zum Werkzeug deines Friedens, dass ich Hoffnung bringe, wo Verzweiflung droht, Freude bringe, wo Traurigkeit ist, Licht bringe, wo Finsternis herrscht …“


In Deutschland mit dem guten Ausbildungssystem aufgewachsen zu sein sei ein Privileg, was auch für die ausgezeichnete Förderung durch ihre Eltern gelte. Ihre Fähigkeiten für Menschen ohne Chance auf eine adäquate zahnmedizinische Versorgung einzusetzen, ermögliche ihr, etwas von ihrem Schatz zu teilen. „In Ländern, in denen Menschen keinen Zugang zu zahnmedizinischer Versorgung haben, sterben Menschen als Folge von kariösen Zähnen! Einfach so!“ Das empfinde sie als grosse Ungerechtigkeit. Indem sie ihre Zeit und die von Gott erhaltenen Gaben zur Multiplikation von Freude und zur Linderung der Not einsetze, gebe sie Gottes Liebe weiter.



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